


5. Drogenstammtisch 25.03.2025
Drogen und Dreck - Wie verbessern wir die Situation?
Geschäftseingänge am Claraplatz, verschmutzte Kirchen und Plätze – Dreck ist im Kleinbasel sichtbarer geworden. Aber wer macht den Dreck? Ist es nur die Drogenszene, die ihren Dreck liegen lässt und an der nächsten Ecke uriniert? Diesen Fragen ging der Drogenstammtisch vom 25.03.2025 mit dem provokanten Titel «Dreck und Drogen – wie verbessern wir die Situation?» nach. Rund 55 Interessierte wie Fachpersonen fanden sich im Rheinfelderhof ein, um über die Situation auf den Kleinbasler Strassen und Hauseingängen zu diskutieren, die Ursachen für die Verschmutzung zu erkennen und Lösungen zu finden. Das Stadtteilsekretariat organisierte den mittlerweile fünften Drogenstammtisch wie immer zusammen mit dem Lokalmedium «bajour» und mit Moderatorin Martina Rutschmann.
Weniger offene Drogenszene, gleicher Dreck
Sie eröffnete den Stammtisch mit der gewohnten Frage an die Anwohnenden in den Quartieren zur aktuellen Situation. Vom Matthäusplatz her vernahmen viele eine Entspannung hinsichtlich der Drogensituation, die aber vor allem mit einer Verschiebung der Szene Richtung Rhein zu erklären ist. In den dortigen Quartierstrassen und um den Erasmusplatz herum würden sich viele Dealende und Konsumierende im Moment aufhalten. Die aktuell ruhige Lage verdankt man natürlich auch dem kalten Winterwetter und der temporären Dauerschliessung der öffentlichen Toilette auf dem Platz. Währenddessen würden aber die Sitzbänke, Rabatten und Strassen weiter gleich verdreckt, meist mit Take-Away-Verpackungen. Ein Beispiel aus einer Begegnungszone, aus der das Sitzmobiliar entfernt wurde, zeigt ein positives Resultat, was die Verschmut-zung der Strasse anbelangt. Es bestätigt sich: der Dreck kommt nicht nur von den Drogenkonsumierenden!
Carmen Kolp (IG Kleinbasel) hat in den letzten Monaten insbesondere den Claraplatz in den Blick genommen, weil die Gewerbetreibenden Verschmutzung an und vor ihren Läden reklamierten. Die Drogendealenden seien schon länger nicht mehr dort. In den halböffentlichen Räumen fällt mitunter am meisten Dreck an, da die Stadtreinigung dort nicht verantwortlich sei. Die IG Kleinbasel fordert daher in einem Schreiben an das Präsidialdepartement Rangerteams zwischen Riehenring, Claraplatz und Dreirosen, Reinigung von Privathauseingängen von der Stadtreinigung und einen Runden Tisch, um Lösungsansätze mit den verantwortlichen Stellen zu erarbeiten. Die Antwort sind erneute Schwerpunktkontrollen durch die Polizei und ein privater Sicherheitsdienst, der ab Mitte März für fünf Wochen im Perimeter patrouilliert. Das sei Teil des Massnahmenpakets für die Sicherheit im unteren Kleinbasel, das die Regierung im März 2024 verabschiedet hat.
Die Stadtreinigung erklärt, dass sie zwar sachte an Hauseingängen putzen würden, wo möglich, eine gründliche Wasserreinigung aber oft heikel sei, weil man Gefahr läuft, dass Wasser in die Hauskeller liefe. Zur Ver-schmutzung auf den Strassen Kleinbasels merken sie an, dass im Moment nicht mehr Dreck anfällt, er sich schlichtweg immer an andere Orte verlagert. Daneben ist die Stadtgärtnerei mit 7-8 Personen im Kleinbasel täglich dran, die Rabatten zu säubern, in denen auch viel Müll entsorgt wird.
Auf der Dreirosenanlage seien seit den erhöhten Massnahmen die schweren Delikte und Gewalttaten zurückgegangen. Ungeniertes Urinieren an die Hauswände des Jugis oder in den Park sei trotzdem an der Ta-gesordnung. Marc Moresi (JuAr Basel) setzt sich schon seit Jahren für die ganzjährige öffentliche Toilette am Rhein ein und kann sich die Beschränkung auf die Sommermonate nicht erklären.
Michel Hostettler (Community Police Basel) erklärt, dass eine Geldstrafe für Verschmutzung nicht immer zielführend sei, wenn sich Drogenkonsumierende Rückzugsorte im öffentlichen Raum suchen, und diese dann schnell zu verwahrlosten «Unorten» mutieren. Hier setzt die Polizei vermehrt auf die Kooperation mit den Mittlern im öffentlichen Raum, die die Betroffenen aufsuchen. In solchen Fällen muss man das Problem Obdachlosigkeit eher bearbeiten, statt einen solchen «Unort» schlicht zu räumen und die Betroffenen zu vertreiben.
Politische Massnahmen gegen Littering
Es wird festgehalten: Dreck ist überall dort, wo sich Menschen gerne aufhalten und begegnen. Und das unabhängig der Drogensituation im Kleinbasel. Regierungsrätin Esther Keller wagt noch keine Prognose zu den bevorstehenden warmen Monaten, versichert jedoch, dass die Stadtreinigung punktuell gut reagieren kann und auch für die kommenden Grossveranstaltungen mehr investiert wird. Man möchte als Regierung hierfür kein «social cleaning» betreiben und die Strassen von ungewünschter Klientel befreien. Zum Thema Littering im Allgemeinen, hat die Regierung erst kürzlich ein Massnahmenpaket verabschiedet: Mehr Mistkübel (auch um Lokale herum), mehr Abfallkontrollen und die Förderung von Mehrweggeschirr. Was die Take-Away-Reste betrifft, ist die Regierung mit dem Gewerbe in Kontakt. Auf die Frage hin, warum man in der Schweiz kein Pfandsystem einführe, antwortet Regierungsrätin Esther Keller, dass dies keine kantonale Entscheidung sei. Bei Veranstaltungen fordere der Kanton aber zunehmend ein Recyclingkonzept ein.
Generell stellt sich die Frage, wie sich Basel im Bezug auf die Grossveranstaltungen ausrichten und welches Image die Stadt vermitteln will. Wenn man bevölkerungstechnisch wachsen möchte, Tourismus fördern und «Weltstadt» sein will, müssen auch konsequentere Massnahmen bezüglich der Sauberhaltung des öffentli-chen Raums getroffen werden. Ein grosser Streitpunkt sind die öffentlichen Toiletten: Will man mehr Publikum am Rhein, sollten sie auch ganzjährig aufgebaut bleiben. Diesem Wunsch kann Regierungsrätin Esther Keller nicht unmittelbar nachgehen, der Aufbau und Betrieb sei sehr teuer. Dass viele Menschen nicht wüssten, dass diese Toiletten wirklich gratis seien, liegt daran, dass das nicht gut ersichtlich angeschrieben ist. Diese Design-Entscheidung ist für viele im Raum ebenso unverständlich. Auch das Programm «Nette Toilette», dass die Gratisbenutzung von Toiletten der gastronomischen Betriebe fördert, soll nochmal ausgedehnt werden.
Sensibilisierung, Gratis-Vignette, Abfallhotline
Nachdem klar wurde, dass die Verschmutzung des öffentlichen Raums eine gesellschaftliche Herausforde-rung ist und nicht ausschliesslich der Drogenszene in die Schuhe geschoben werden kann, geht es im letzten Teil an die Lösungsansätze. In einem Quartiertreffpunkt bietet man beispielsweise einzelne Bebbi-Sägge zum Verkauf an, damit armutsbetroffene Haushalte nicht mit den Kosten einer ganzen Rolle herausgefordert werden und Haushaltsmüll in den öffentlichen Mistkübeln entsorgen. Der Preis für die ganze Rolle, sowie die Abschaffung der beiden jährlichen Gratis-Vignetten für Sperrgut werden in diesem Zuge kritisiert. Information, Sensibilisierung und Aufstockung der Stadtreinigung wird gefordert. Die Regierung sitzt gerade an einer interdepartementalen Analyse unter der Federführung des WSU für ein Abfallgesamtkonzept.
Es gibt viele Zuständigkeitsbereiche und viele unterschiedliche Stellen, die sich kümmern. Trotzdem wäre eine zentrale Anlaufstelle für Bürger*innen zielführend. Mit der Abfallhotline gäbe es bereits ein gutes Tool, das jedoch noch über die Büro-Sprechzeiten ausgebaut werden kann. Ähnlich wie das Telefon des langjährig bewährten «Sprützewäspi», das gemeldete Spritzen spätestens am darauffolgenden Morgen entsorgen kann. Zur Prävention und Sensibilisierung gibt es bereits Littering-Beauftrage an Schulen und in den Ferienprogrammen im Sommer, die einen guten Job machen. Technische Lösungen durch Apps wie in Zürich wurden schonmal unter die Lupe genommen, in Basel hat man sich aber dagegen entschieden, da es am Ende doch Personal braucht, um sich der Sache anzunehmen.